Holzmangel? Sägewerke sind das Nadelöhr

Vom Branchendienst bis zum „ZDF heute-journal“: Berichte über ein angebliches oder tatsächliches Knappwerden von Holz in Deutschland, begegnen einem derzeit zahlreich. Aber stimmt es, dass es nicht mehr genug Vorräte im heimischen Wald gibt und er zusehends schrumpft? Oder ist das Problem, wie so oft, komplexer?

Markus Mann auf dem Rundholzplatz seines Sägewerks. Dort sieht der Vorrat noch recht üppig aus.

Die Bauwirtschaft schlägt Alarm, der Dachdeckerverband hat sich an den Bundeswirtschaftsminister gewandt: Holz als Baustoff sei knapp, demnächst nicht mehr zu bekommen, erste Baustellen müssten bereits stillgelegt werden. Tatsächlich sieht jeder, der in Deutschland unterwegs ist, wie (Nadel-) Wälder am Horizont verschwinden und Brachflächen zurückbleiben. Schmilzt der heimische Holzvorrat so stark, wie es scheint und einige Medien warnen? Darüber sprach Uwe Schmalenbach mit Markus Mann, dessen Unternehmen in Langenbach ein stofflich-energetisch optimiertes Sägewerk betreibt und außerdem Holz als Rohstoff für die bekannten „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) benötigt. Lesen Sie hier das komplette Interview.

Ist Holz aus Deutschland bereits so knapp, dass wir uns Sorgen machen müssen?

Wie immer kann man das nicht pauschal sagen. Natürlich gibt es einige, die gemerkt haben, dass man nicht alles in „Amazon-Manier“ von heute auf morgen per Fingerschnippen am nächsten Tag bekommen kann; so auch beim Holz – und darum größere Vorräte anlegen. Das führt zu Verknappungen, hat allerdings noch nichts mit Mangel zu tun. Aber in der Tat: Die ganze Welt ist derzeit am Heimwerken, am Basteln, baut den Dachboden aus und Ähnliches. Die Entwicklung, es sich daheim besonders schön zu machen, ist durch „Corona“ offenbar ein noch stärkerer Trend geworden, und für den benötigt man viel Holz.

„Corona“ ist also auch hier schuld?

Wir hatten in Deutschland in den zurückliegenden zwei Jahren außerdem viel mit sogenannten „Kalamitätsflächen“ in unseren Wäldern zu tun.

Was ist das?

Dahinter steckt das Thema mit der Trockenheit und dem Fichtensterben, dem „Generalangriff“, den der Borkenkäfer auf die deutschen Mittelgebirge gestartet hat. Diese Entwicklung passiert vor allem in der Mitte Deutschlands – am schlimmsten ist es im Westerwald, Sauerland, dem Harz. Nun gibt es eine behördliche Regelung: Wird in Teilen Deutschlands Wald vernichtet, ebenso wie bei Stürmen, dann darf in anderen Teilen des Landes weniger eingeschlagen werden.

Welche Folgen hat das?

Es fällt weniger Frischholz an, das auf dem Markt zu haben ist. Außerdem sinkt durch Trockenheit und Käferbefall die Qualität des eingeschlagenen Holzes: da sind viele „kernrissige“ Stämme dabei. Dieses Holz hat eine bedeutend schlechtere Ausbeute, wenn ich nachher Schnittholz daraus machen möchte.

Das erklärt aber noch nicht, warum einige klagen, es gebe bald kein Holz in Deutschland mehr, weil China alles wegkaufe…

Jeder Jogger oder Spaziergänger bekommt es derzeit mit: im deutschen Wald wird mächtig "Holz gemacht". Oft sind die Flächen geschädigt. Foto: Schmalenbach

Im Jahr braucht die deutsche holzverarbeitende Industrie rund 50 bis 55 Millionen Festmeter. In „normalen Jahren“ wird halt einfach gefällt, geschnitten, das Holz dem Handwerk, den regionalen Verbrauchern, der Industrie zur Verfügung gestellt. Nun sind 2020 jedoch 80,4 Millionen Festmeter Holz angefallen, da es so viel Schadholz gegeben hat. Die Sägewerke können jedoch maximal nur 60 bis 65 Millionen im Jahr verarbeiten. So musste ein Teil – damit der Rohstoff nicht hier ungenutzt verrottet – tatsächlich in den Export gebracht werden.

Also sollte man zwischen Roh- und Schnittholz unterscheiden, und Mangel gibt es nur beim Schnittholz?

Genau. China hat eine Menge Rohholz aufgenommen, das stimmt. Dadurch, dass wir unheimlich viel aus Asien importieren, müssen etliche leere Container dorthin zurück. Das macht den Transport unfassbar günstig: Rundholz aus Duisburg, Hamburg oder Rotterdam nach China zu befördern, ist nicht teurer als der Transport des Rundholzes von Frankfurt nach Freiburg! Unser Problem ist aber, dass der Schnittholzmarkt tatsächlich an sein Limit geraten ist, was die Kapazitäten der Verarbeitung in der Sägeindustrie angeht.

Das Nadelöhr sind somit die Sägewerke und es ist nicht die Lage im deutschen Wald. Wie geht das weiter?

Wenn die Einschlagmenge und die Kapazität der deutschen Sägewerke wieder zusammenpassen, wird das Thema kein so großes mehr sein. Wir haben zum Glück in Zentraleuropa das Prinzip der nachhaltigen Holzwirtschaft, das sicherstellt, dass der Wald nicht ausstirbt. Das wirkt: Laut Bundeswaldinventur steigt die Menge der sogenannten „Vorratsfestmeter“ konstant sogar jährlich um 0,1 Prozent. Im Schnitt wird der deutsche Wald also „dicker“.

Müssen wir nicht fürchten, dass an anderen Orten der Welt, wo diese ökologischen Standards nicht gelten, dafür mehr und umweltschädlicher geerntet wird, wenn unsere Regelungen verhindern, dass bei uns alles gefällt wird, was der Markt fordert?

Das ist ein Problem! Der Verbraucher muss gucken, wo das Holz herkommt, das er verwendet! Wenn Holz genutzt und der Wald im selben Rahmen wieder aufgeforstet wird, ist das nachhaltig. Aber wenn Urwälder gerodet werden und auf diesen Flächen anschließend Soja fürs Schweinefutter in norddeutschen Zucht- betrieben angebaut wird, also Waldflächen für immer verschwinden – das ist alles andere als nachhaltig! Wenn ich regional kaufe, kann ich im Idealfall gucken, wie etwas hergestellt wird und woher der Rohstoff stammt.

Unsere ökologisch sicher sinnvollen Wiederaufforstungen verändern allerdings den Artenmix im heimischen Wald: 60 Prozent der Flächen, auf denen vormals Fichten standen, werden zu Laubwäldern. Wird das die Probleme am Bau verschärfen?

Der Wald erfüllt eine Vielzahl an Funktionen…

Der Mix an Baumarten, der gerade entsteht, wird vor allem eine Herausforderung für die Verarbeitung sein. Wenn sich ständig die Holzarten ändern, benötige ich vielfach einen anderen Werkzeugsatz in der Maschine, das senkt die Effizienz im Sägewerk. Das ist das eine. Andererseits ist ein Dachstuhl aus Eiche ganz schön schwer. (schmunzelt) Nadelholz ist halt leichter. Und man muss das Material ja auch verarbeiten: Schlagen Sie mal einen Nagel in Fichte oder in ein Stück Eiche im Dachstuhl! Hinzu kommt: Wenn auf einem Hektar Wald statt zehn Festmeter Nadelholz nur drei bis vier Festmeter Buche wachsen, entsteht irgendwann ein Mangel. Fichte, Kiefer, Douglasie, Küstentanne, Lärche sind da effizienter. Es wird also eine Herausforderung bleiben, wie acht Milliarden Menschen mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz versorgt werden können.

Damit sind wir beim Stichwort „Versorgungssicherheit“: Sitzt der Kunde der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) bald im Kalten, weil kein Material für seinen Brennstoff mehr da ist?

Es ist eher andersherum: Dadurch, dass viel aufgeforstet wird mit verschiedenen Holzarten, werden Wälder entstehen, die in den nächsten 20, 30 Jahren immer wieder durchforstet werden müssen. Die „krummen Dinger“ wird man dabei herausnehmen, weil man für die stoffliche Nutzung – Bauholz, Möbel, Verpackung – gerade Stämme benötigt, damit sie sich ordentlich sägen lassen. Also werden die „krummen Dinger“ typisches Energieholz sein. Pellets kann ich definitiv aus fast allen Holzarten machen; lediglich die Pappel bereitet durch die Schlackebildung bei der Verbrennung Probleme. Ansonsten können wir aus allen Holzarten Pellets herstellen. Dazu muss nur das Werkzeug – das Loch in der Matrize, durch die die Späne gepresst werden – zur Holzart passen.

Der Pelletnutzer muss sich demnach keine Sorgen um den Rohstoff machen, der Sägewerksbesitzer schon? Und wie ist es mit Preissteigerungen bei den Pellets, die aus Holz gefertigt werden? Eigentlich gilt doch, dass jede Nachfragesteigerung den Preis erhöht. Und Holz wird weiter stark nachgefragt werden, ebenso wächst der Energiehunger.

Natürlich hängen die Energiearten am Ende zusammen. Aber in den letzten 20 Jahren haben wir bei den Pellets nie das Auf und Ab wie etwa bei Öl erlebt: Da waren wahnsinnige Preissprünge zu beobachten. Mal kostete der Liter 40 Cent, plötzlich 1,10 Euro, zur Zeit kostet er um 70 Cent. Dieses Hin und Her kennen wir bei Pellets gar nicht! Seit zwei Jahrzehnten haben wir lediglich eine ganz allmählich steigende Tendenz gehabt, aber immer noch geringer als die Inflationsrate. 210, 220 Euro je Tonne kosten WWP jetzt – das ist fast der identische Preis, zu dem wir 2003/2004 WWP an private Endkunden geliefert haben!

"Ich kann den Bedarf verschieben"

Das Wort „Dunkelflaute“ vermeidet Klaus Kuhnke am liebsten. „Ich halte es für einen ,Kampfbegriff‘ der Gegner der Energiewende“, begründet der Professor im Ruhestand. Mit dem Ausdruck soll darauf hingewiesen werden, dass regenerative Energieträger nicht ausreichen würden, wenn die Sonne nicht scheint und es gleichzeitig windstill ist, etwa im Winter. Skeptiker der Energiewende führten diesen Zustand gerne an, um „die ganze Energiewende in Misskredit zu bringen“, gibt Kuhnke, ehemaliger Lehrender für Erneuerbare Energien und Physik an der Hochschule Osnabrück, zu bedenken. „Denn dann kann man wind- und strahlungsarme Zeiten als ein Argument gegen die Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien benutzen. Was ich dagegen halte: Diese Zeiten sind kurz, und man kann sie überbrücken!“

Manche Menschen fürchten sich vor einer geringeren Leistung etwas Photovoltaik oder Sonnenkollektoren im Winter. Foto: Gerhardt-Pixelio

Es ist ein „Schreckgespenst“ vieler Kritiker der Energiewende: Sind „Erneuerbare“ in der Lage, uns ganzjährig mit Energie zu versorgen, wenn die Sonne weniger scheint und es gleichsam windstill ist? Wenn also eine sogenannte „Dunkelflaute“ eingetreten ist? Immerhin, betont auch Klaus Kuhnke, spielen Solar- und Windkraft die entscheidendste Rolle beim Umstieg von „fossil“ zu „regenerativ“: „Sie sind die ,Arbeitspferde‘ unserer Energiewende.“ Und diese könnten uns seiner Ansicht nach vollständig versorgen.

Generell gelinge dies deswegen, weil Sonne und Wind sich über das Jahr sehr gut ergänzten: „Im Winter haben wir mehr Wind und weniger Sonne. Und im Sommer haben wir ganz klar mehr Sonne und weniger Wind“, führt Kuhnke aus. Wetterstationen bestätigten dies. Der Zeitraum von „Dunkelflauten“ beschränke sich allenfalls auf ein paar Tage bis wenige Wochen. „Das sind Wetterperioden, in denen diese Ergänzung von Sonne und Wind nicht gut klappt. Also reden wir über kurze Zeiträume“, erläutert der Diplom-Physiker.

Diese zu überbrücken, sei jedoch gar keine große Herausforderung. Man müsse sich Energie aus Erneuerbaren „zur Seite legen“. Es gebe Speichermöglichkeiten, durch welche dies funktioniert. Da wären etwa technische Optionen – Batterien zum Beispiel. Diese Speichermethode sei jedoch derzeit eher in einem geringfügigen Maßstab praktikabel. „Das gelingt nur in kleinen Mengen, nicht für eine ganze Volkswirtschaft über eine Woche oder zwei“, schränkt Klaus Kuhnke ein. Wenngleich die Forschung aber schon sehr weit sei mit der Entwicklung neuer Technologien, wie etwa die „Redox-Flow-Batterie“ eine ist. Diese „Nasszelle“ speichert in Tanks elektrische Energie in chemischen Verbindungen. „Diese Batterien könnten in der Zukunft noch sehr interessant sein“, hebt Kuhnke hervor.

Doch wie kommen wir durch die dunklen Wochen? Speichern bedeute letztlich, Angebot und Nachfrage zeitlich gegeneinander zu verschieben, wirft der Spezialist für Energietechnik ein. „Da gibt es also zudem die Möglichkeit, an der Nachfrage zu ,drehen‘. Das nennt man ,Demand-Side-Management‘.“ Unter diesem „Lastmanagement“ versteht man die Steuerung der Stromnachfrage durch Ab- und Zuschalten, wodurch ein Ausgleich geschaffen werden kann. „Im ,Kleinen‘ würde das so gehen, dass ich meine Wasch- oder Geschirrspülmaschine – also richtig große Wärme- und Stromverbraucher – einschalte, wenn die Sonne scheint“, verdeutlicht Kuhnke, „und ich kann den Bedarf verschieben: Ich kann meine Geschirrspülmaschine eben auch uneingeschaltet lassen und die schmutzigen Socken noch einen Tag ungewaschen lassen.“ Der Stromverbrauch wird somit zeitlich verschoben.

Klaus Kuhnke sieht kein echtes Problem.

Klaus Kuhnke sieht kein echtes Problem.

„Diese Bedarfsverschiebung ist ebenso im großen Maßstab denkbar. Man kann auf der Verbraucherseite gerade bei der stromintensiven Industrie schon eine Menge drehen, und das kostet weit weniger als entsprechende Speicher zu bauen“, unterstreicht der Experte. „Man kann zu jeder nennenswert stromverbrauchenden Industrie sagen: ,Was kostet es euch, einen Tag oder eine Woche abzuschalten?‘“ Es gehe bei der „Dunkelflaute“ schließlich nur um einen kurzen Zeitraum. „Und da kämen wir dann auf diese Weise schon ganz gut durch. Der Verbrauch lässt sich immer ein bisschen steuern. Alle Industriebetriebe könnten das im großen Maßstab“, ist Kuhnke überzeugt.

Biomasseheizkraftwerke – wie auch MANN eines einsetzt – seien ebenfalls ein sinnvolles Instrument, um Energie zu speichern. Denn sie erzeugen durch das Verfeuern von fester Biomasse – wie etwa Holz – elektrische Energie. Auch Biogasanlagen könne man flexibel betreiben. „Diese Technik ist bekannt und wird heute schon eingesetzt. Das kann man weiter vorantreiben“, ergänzt der Professor im Ruhestand.

Eine häufig diskutierte Strategie ist zudem die „Vehicle-to-grid“-Technologie, bei welcher der Elektrowagen als zeitweiliger Speicher dient: E-Autos, die „bidirektional“ ladefähig sind, können die in der Fahrzeugbatterie gespeicherte Energie bei hohem Bedarf zurück ins Netz speisen. So kann ein Stromengpass ausgeglichen werden. Dieser Weg sei zwar fortschrittlich, jedoch nicht „für den großen Maßstab“ geeignet, findet Klaus Kuhnke. „Das ist absolut sinnvoll, aber damit kommen wir nicht durch die wind- und strahlungsarmen Tage.“

Erstaunlich findet er, dass viele Menschen scheinbar eine perfekte Lösung darin sehen, mit Öko-Strom Wasserstoff zu erzeugen, also einen synthetischen „grünen“ Energieträger. „Aber man darf nicht vergessen: Wasserstoff muss man erst einmal ,machen‘. Und dabei geht leider sehr viel Energie verloren“, entgegnet der Physiker. Und zwar über die ganze Energiekette: Wird Wasserstoff erzeugt, führt dies zu Energieverlust. Ebenso, wenn aus dem Wasserstoff noch Methan hergestellt wird, welches chemisch mit Erdgas identisch ist. Wird der Energiespeicher in einem Gaskraftwerk verheizt, um wiederum Strom zu erzeugen, verliere man abermals Energie. „Diese Wirkungsgradketten, diese riesigen Verluste und ,Mini-Energiemengen‘, die man da am Ende herauskriegt, die macht man sich in der öffentlichen Diskussion selten klar“, hat Klaus Kuhnke festgestellt.

Unser Energiehunger wächst durch immer mehr Technik auch im privaten, gerade Haushaltgeräte sind große Verbraucher. Diese können jedoch zu vergleichsweise günstigeren Zeiten laufen, wenn genügend Ökostrom vorhanden ist. Foto: pixabay

Unser Energiehunger wächst durch immer mehr Technik auch im privaten, gerade Haushaltgeräte sind große Verbraucher. Diese können jedoch zu vergleichsweise günstigeren Zeiten laufen, wenn genügend Ökostrom vorhanden ist. Foto: pixabay

Generell sei es aber notwendig und sinnvoll, über viele verschiedene Ansätze nachzudenken – und dabei auch unkonventionellere Strategien nicht auszuschließen. Was spräche etwa dagegen, wirft Kuhnke ein, Trecker und Nutzfahrzeuge mit großen Generatoren auszustatten? „So könnten doch Landwirte, wenn wir Wind und Sonne zu wenig haben, diese Trecker ,anschmeißen‘ – an jedem ein Generator von, sagen wir, 50 Kilowatt –, und dieser Strom wird dann ins Netz eingespeist. Und die Landwirte werden dafür natürlich belohnt. Der Trecker steht im Winter doch sowieso nur rum“, stellt Kuhnke eine Idee vor. „Auch solche Möglichkeiten gibt es, und die können uns sehr weit bringen.“

Tatsächlich bestehe also keinerlei Anlass zur Beunruhigung, resümiert der ehemalige Professor der Hochschule Osnabrück. „Die Forschung geht weiter, da gibt es Grund zur frohen Erwartung.“ Und die sogenannte „Dunkelflaute“ könnten wir sogar heute schon überbrücken.

Andra de Wit

Markiert, optimiert – und nachhaltiger genutzt

Der orange Roboter greift sich zwölf nebeneinander liegende Bretter, die „zusammenzukleben“ scheinen, während die Maschine sie hochhebt, sich um 180 Grad dreht und sie auf einem Stapel mit mehreren weiteren Lagen davon ablegt. Kurz zuvor waren die flachen Holzstücke noch Teil sehr viel längerer Bretter. Die entstehen im SEO-Sägewerk von MANN (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete) und werden zum Beispiel für hochwertige Verpackungen aus dem nachwachsenden Rohstoff verwendet. Jedoch: Die längeren Latten sind nicht fehlerfrei gewesen und darum durch eine neue „Optimierungs-Kappsäge“ gelaufen, in deren Umfeld der Roboter sich dreht und stapelt.

Die von der Kappsäge optimierten Bretter stapelt der Roboter, nach Längen sortiert, zu Paketen.

„Die Anlage haben wir im April in Betrieb genommen, sie ist eigentlich noch in der Anlaufphase – aber funktioniert schon richtig gut“, schildert Thomas Zinke zufrieden. Er ist Betriebsleiter beim Familienunternehmen in Langenbach bei Kirburg und erklärt, was besagte „Fehler“ sein könnten: „Manches Mal hat der Baumstamm, aus dem wir die Bretter schneiden, beispielsweise am Anfang oder Ende einige kleine Risse. Die sind dann auch im Brett zu finden, es kann nicht wie geplant verkauft und verwendet werden.“

Ungenutzt weggeworfen worden seien solche Latten gleichwohl schon vor Inbetriebnahme der neuen Kappsäge nicht, betont Zinke: Stattdessen wurden sie in einem Zerhacker erheblich kleiner gemacht und als Material für die benachbarte Pelletproduktion der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) genutzt, so dass der wertvolle Rohstoff Holz selbstverständlich trotzdem einer sinnvollen und ökologisch nachhaltigen Nutzung zugeführt wurde.

Sehen Sie im Video der Wäller Energiezeitung, wie die Anlage arbeitet.

Sehen Sie im Video der Wäller Energiezeitung, wie die Anlage arbeitet.

Die neue Anlage ermöglicht es nach des Betriebsleiters Ausführungen jedoch, mehr aus einem fehlerhaften Brett herauszuholen. Dazu fährt jedes einzelne auf dem Weg in die Kappsäge auf einem Band unter einem Scanner hindurch. Der sieht sich das Holz genau an, identifiziert unbrauchbare Stellen und rechnet in Echtzeit aus, welche Abschnitte noch geeignet sind, um aus der langen Latte, wie sie aus der SEO-Säge kam, eine oder sogar mehrere kürzere zu schneiden – die dann, nach Längen auf unterschiedlichen Stapeln sortiert, beim Roboter ankommen.

Manuel Giertler betrachtet und markiert die Bretter, die sein Kollege ausgeschleust hat.

Manuel Giertler betrachtet und markiert die Bretter, die sein Kollege ausgeschleust hat.

Manuel Giertler hilft der Kappsäge, ihre Arbeit optimal zu erledigen: Mit einem unglaublich guten Auge schaut er sich flink jedes einzelne bei seinem Kollegen Chris Quiter an der SEO-Säge ausgeschleuste Brett allseitig an und markiert mit fluoreszierenden Strichen jene Teile, die die Kappsäge auf jeden Fall aussparen muss. Die Abschnitte zwischen den orangen Kennzeichnungen gehen daraufhin in die Berechnung der Säge ein und werden zu einwandfreien (wenngleich kürzeren) Abschnitten. Nur noch die erheblich kleineren Reststücke mit den eigentlichen Fehlerstellen wandern gleichermaßen in den Zerhacker und gehen in die WWP-Produktion.

„Wir können also aus dem eigentlich schon aussortierten, ursprünglichen Brett noch etwas machen“, freut sich Thomas Zinke. Das sei sinnvoll, wenn man den gesamten Nutzungszyklus des eingesetzten Rundholzes betrachte: Anstatt ein schadhaftes Brett sofort in Langenbach zu Pellets zu verarbeiten, die verfeuert – also energetisch genutzt – werden, könne man durch die Optimierungs-Kappsäge den größten Teil dieses Stücks Holz als verkürztes Brett zunächst noch „stofflich“ verwenden, um beispielsweise Paletten daraus herzustellen, die in einer immer globaleren Wirtschaftskette erheblich nachgefragt werden. Als Palette „lebt“ das Holz anschließend erst einige weitere Jahre, wird unterdessen genutzt – ehe es deutlich später, wenn die Palette unbrauchbar geworden ist, energetisch eingesetzt wird.

Betriebsleiter Thomas Zinke mustert Bretter, die ein neuer Roboter gestapelt hat. Diese wurden von der ebenfalls soeben in Betrieb genommenen „Optimierungs-Kappsäge“ zugeschnitten. Dahinter steckt eine weitere Idee der Firmengruppe MANN für mehr Nachhaltigkeit.

Betriebsleiter Thomas Zinke mustert Bretter, die ein neuer Roboter gestapelt hat. Diese wurden von der ebenfalls soeben in Betrieb genommenen „Optimierungs-Kappsäge“ zugeschnitten. Dahinter steckt eine weitere Idee der Firmengruppe MANN für mehr Nachhaltigkeit.

„Die Holznutzung wird durch einen solchen längeren Lebenszyklus nachhaltiger“, fasst Zinke zusammen. Dazu trage ebenso bei, dass aufgrund der nachgeschalteten Kappsäge bei der Bearbeitung von Rundholz mit großem Durchmesser aus vielen Stämmen ein zusätzliches, zweites Seitenbrett im SEO-Sägewerk aus dem Baum geschnitten werden kann. „Früher ging dieser Teil komplett in den Hacker“, erläutert Zinke.

Nur kleine Reststücke gehen noch in den Zerhacker.

Nur kleine Reststücke gehen noch in den Zerhacker.

Holz wird, das erwarten viele Fachleute, ein immer knapperes Gut werden, insbesondere aus heimischer, nachhaltiger Bewirtschaftung. Man braucht sich derzeit nur die vielen Flächen anzusehen, die wegen des Kupferstechers und des Buchdruckers, der Borkenkäfer wegen also, gerodet werden, um wenigstens das noch nutzbare Holz zu ernten, bevor die Trockenheit und in der Folge die kleinen Tiere noch mehr Schaden anrichten können. Bis alles wieder aufgeforstet und ausreichend groß gewachsen ist, ehe man die Bäume also abermals fällen und verwenden kann, vergehen erst einige Jahrzehnte. Umso mehr gehört es wohl zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Rohstoff, sich sehr gut zu überlegen, was man mit dem vorhandenen Stämmen tut, wie man sie optimal gebraucht.

Autor: Uwe Schmalenbach

Mit WWP klappt es auf der Freusburg super

Vom Mühlenbach aus, der von der Sieg zum Antrieb der Freusburger Mühle abgezweigt wurde, erahnt man die Ausmaße der Burg kaum.

Kurz bevor die Sieg die Stadt Kirchen erreicht, ändert sie in deren Ortsteil Freusburg die Richtung um 180 Grad und strömt zur Freusburger Mühle. Über der Flussbiegung erhebt sich seit Jahrhunderten, vermutlich spätestens seit dem elften, die Freusburg. Sie gab der heutigen Ortschaft auch ihren Namen. Einst residierte im dicken Gemäuer Graf Eberhard von Froitzberg – jetzt finden hier Schulklassen, Familien, Vereine ein Quartier. Zumindest außerhalb von „Corona“, denn die Burg wird, mit Unterbrechungen, seit 1928 als Jugendherberge genutzt.

„Unser Neubau entstand zwischen 1981 und 1986. In der Zeit war hier geschlossen“, erläutert Hans-Jürgen Hof. Er ist Leiter der Freusburg, gegen den etwas altertümlichen Begriff „Herbergsvater“ hat er gleichwohl nichts, wie er sagt: „Wir arbeiten mit jungen Menschen. Da muss man zuweilen durchaus väterliche Hilfestellung geben.“ In der fünfjährigen Pause jedenfalls, so Hof weiter, wurde die Burg umfassend modernisiert und erhielt vor allem einen Anbau.

200 Betten stehen seither zur Verfügung, und wenn nicht gerade eine Pandemie das Leben lahmlegt, werden die gerne genutzt: Schulklassen machen immer noch einen großen Anteil der Besucher einer Jugendherberge aus. Doch längst sind Familien oder Musikergruppen ebenso häufig zu Gast. Selbst „eine Truppe aus Schottland“, erzählt der Herbergsvater, komme regelmäßig, um auf der Freusburg Dudelsack zu spielen.

Im Gebäude entdeckt man Stellen, wo der Alt- und Neubau aufeinandertreffen

„Die Zeiten von Hagebuttentee und Kartoffelpüree, das man ‚an die Wand nageln kann‘, sind lange vorbei in deutschen Jugendherbergen“, schmunzelt Hans-Jürgen Hof. Nicht nur beim Essen herrschten andere Zeiten, die die Jugendherbergen für immer mehr Menschen (selbst Geschäftsreisende) als günstigere Alternative zum Hotel erscheinen lassen. „Mittlerweile haben wir den Komfort eines Hotels“, betont Hof. Von den gut 70 Zimmern haben über 60 eine eigene Dusche und ein eigenes WC. Überwiegend sind die Räume als Vier-Bett-Zimmer angelegt, ebenso gibt es Einzel- und Zweibettzimmer. Lediglich im Altbau, also innerhalb der ursprünglichen Burgmauern, findet sich noch ein Neun-Bettzimmer, das nach der Schilderung des Leiters jedoch gerade bei Kindergartengruppen sehr beliebt sei.

Schon ab 28,10 Euro kann man sein Haupt hoch oben über der Sieg betten, dazu erhält man noch ein Frühstück. Das Angebot „zieht“. 26.000 bis 28.000 Übernachtungen sei in den letzten Jahren die beachtliche Größenordnung auf der Freusburg gewesen, die damit zweifelsohne einer der größten touristischen Anbieter im ganzen Westerwald sein dürfte. Für 2020 habe es sogar schon Festbuchungen gegeben, mit denen der Wert die 30.000er-Schwelle überschritten hätte – doch dann kam „Corona“ und machte alle Pläne der Gäste zunichte, bedauert Hof.

„Hexen – Geister – Burggespenster“ ist ebenso ein eigens auf Familienurlaub zugeschnittenes Angebot der Burg wie das adventliche Wochenende „Apfel, Zimt und Mandelkern“ oder die „ritterlichen Osterfest-Spiele“. Neben solchen „Specials“, ist der Herbergsleiter überzeugt, sei es natürlich einerseits der Charme, auf einer Burg zu übernachten, der die Gäste anzieht: „Es gibt nichts Schöneres, als mit Kindern zu arbeiten. Die haben sofort große Augen hier oben: ‚Eine Burg!‘ Wo die Kanonen sind, wollen sie dann wissen.“

Herbergsvater Hans-Jürgen Hof im “Rittersaal”. Vor seiner heutigen Wirkungsstätte im DJH war Hof in Finnentrop, Hilchenbach und Schmallenberg tätig.

Herbergsvater Hans-Jürgen Hof im “Rittersaal”. Vor seiner heutigen Wirkungsstätte im DJH war Hof in Finnentrop, Hilchenbach und Schmallenberg tätig.

Auf der anderen Seite seien etliche weitere Einrichtungen und Möglichkeiten wie die insgesamt zehn Tagungsräume ein zusätzlicher Grund für den Zuspruch: „Wir können jeder Schulklasse oder jeder einzelnen Familiengruppe einen eigenen Raum zuweisen“, erklärt Hof. Musiker etwa genießen es nach seinen Worten, im „Musiksaal“ proben und die Instrumente sicher unterbringen zu können und zugleich einen zweiten separaten Raum zur Verfügung zu haben, um innerhalb der Gruppe zu essen. Selbst Hochzeits- oder andere Familienfeiern sind, beispielsweise im „Rittersaal“ der Burg, mittlerweile „normal“. „Die Gäste übernachten anschließend gemeinsam bei uns und frühstücken am nächsten Morgen noch zusammen – das ist ein toller Abschluss“, beschreibt der Herbergsleiter.

Das Gelände um das Burg-Ensemble aus Alt- und Neubau ist weitläufig, ein herbergseigener Multifunktionssportplatz schließt sich an, eine Spielanlage der Stadt ebenso. 17 Mitarbeiter (sechs davon in Vollzeit) kümmern sich um das Wohl der Gäste.

In 4 solcher Pelletsilos wird der umweltfreundliche Brennstoff im Keller der Freusburg gelagert und über Schläuche in den Brenner gesaugt.

In 4 solcher Pelletsilos wird der umweltfreundliche Brennstoff im Keller der Freusburg gelagert und über Schläuche in den Brenner gesaugt.

Viel Platz zur Entfaltung. Jedoch: So ein Komplex will beheizt werden! Keine ganz leichte Aufgabe, „zumal damals im Mittelalter, und ebenso in den 1980er-Jahren bei der Erweiterung, noch niemand an Wärmedämmung gedacht hat“, schildert Hans-Jürgen Hof. Sage und schreibe 60.000 Liter Öl wurden früher jährlich auf der Freusburg verfeuert, um es den Gästen behaglich zu machen! Als die alte Heizungsanlage erneuert werden musste, stieg man darum auf die umweltfreundlichere Wärmequelle Holzpellets um: Etwa 120 Tonnen „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) als Alternative aus nachwachsendem Rohstoff vermeiden so die Entstehung von 178 Tonnen klimaschädlichem CO2, die die Ölheizung einst binnen eines Jahres „rauspustete“!

Ursprünglich hatte die Freusburg einen anderen Pelletlieferanten, als den aktuellen. Doch mit dem habe es nicht gut funktioniert, berichtet der Herbergsvater: Die Pellets seien von schlechter Qualität gewesen, so dass die Heizungsanlage, eine „ETA ePE-K“, häufige Störungen gehabt habe und stehengeblieben sei. Das Absaugen von bei Holzpellets ganz natürlichem Abrieb bei jeder neuen Lieferung sei zudem nicht ordentlich erledigt worden, was die Betriebssicherheit gleichermaßen reduzierte – anders als heute, wenn ein Silowagen der WWP sich den langen, engen Weg auf den Burgberg hochquält. „Unser Haustechniker wusste von den WWP. Deswegen haben wir uns da gemeldet, seither klappt alles super“, ist der Leiter zufrieden, der möchte, dass seine Gäste nach einem ausgefüllten Tag im Warmen entspannen und sich erholen können, wie er hervorhebt.

Wie viele Menschen dieses Tor wohl schon durchschritten haben, um in der Burg zu nächtigen?

Seit 17 Jahren ist Hans-Jürgen Hof im Deutschen Jugendherbergswerk (DJH) tätig, davor war er als Diplom-Verwaltungswirt im öffentlichen Dienst beschäftigt. Eine mächtige Linde, die am Eingang zur Jugendherberge in den Himmel über dem Siegtal ragt, steht unter Denkmalschutz, ist Jahrhunderte alt. Wie viele Menschen auf der Freusburg wohl schon in all der Zeit übernachtet haben mögen, seit die ersten Mauern errichtet worden sind? Niemand weiß das. Aber dass die wegen „Corona“ abgesagten Buchungen für die besondere Herberge nicht für immer da verloren sind, dessen ist sich der Herbergsvater sicher: „Wenn wir sagen, Montag machen wir wieder auf, dann sind wir Montag ausgebucht!“

Autor: Uwe Schmalenbach

Ein Dankeschön aus der Caritas-Werkstatt

André Altbürger baut einen der Lärchenholz-Nistkästen für die WWP zusammen. Foto: Schmalenbach

Es piept kurz, dann beginnt ein violett-weißlicher Lichtpunkt über das Lärchenholz zu zucken. Gerade so wahrnehmbare Rauchwölkchen steigen auf – darunter werden erste Konturen des „Westerwälder-Holzpellets“-Logos erkennbar. Der Vorgang erinnert an das Brandmalen, das vermutlich schon im alten Ägypten für Verzierungen genutzt wurde. Doch statt eines Brandmalkolbens, wie ihn viele Hobbybrandmaler heute einsetzen, überträgt ein kleiner Laser das Signet auf das darunter befindliche Brett. Dieses ist Teil eines Nistkastens – und er das Resultat einer besonders wertvollen Kooperation.

„Wrritt, wrrriiittt“, surrt der Akkuschrauber. Noch zwei letzte Schrauben eindrehen – wieder hat André Altbürger ein Vogelhaus fertig und legt es auf eine Palette zu weiteren Exemplaren. „Das ist eine Auftragsarbeit für die Firma MANN“, erläutert Günter Keßler. Er ist Betriebsleiter am Rotenhainer Standort der „Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn“, wo die Vogelhäuschen auf Bitten der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) gefertigt werden. Sie seien für Meisen gedacht; das Loch, das hineinführt, habe daher eine bestimmte Größe, so dass keine Raubvögel hindurchpassen. „Normalerweise bauen wir solche Nistkästen aus Tanne oder Fichte, doch Herr Mann wünschte sich Lärche, damit es wertiger und haltbarer wird“, zwinkert Keßler.

Er selbst ist seit 19 Jahren in Rotenhain tätig, der Betrieb dort besteht seit 26 Jahren. Werkstätten des Caritasverbandes im Westerwald und im Rhein-Lahn-Kreis existieren (neben weiteren Angeboten wie beispielsweise der Tagesförderstätte in Wirges oder dem „CAP-Lebensmittelmarkt“ in Hundsangen) außerdem in Montabaur, Niederelbert, Nauort, St. Goarshausen und Lahnstein. Insgesamt, so Günter Keßler, kommen etwa 650 Menschen in diese Einrichtungen.

Garten- und Landschaftsbau, Hausmeisterei, Wäscherei, Lager und Logistik, Holzbearbeitung, Lettershop, Palettenbau oder Verpackung und Konfektionierung: in diesen und vielen weiteren Bereichen sind Menschen in den Caritas-Werkstätten aktiv. Grundlage sind entsprechende gesetzliche Vorschriften. Die verlangen, dass Menschen mit (körperlichen, geistigen oder seelischen) Einschränkungen, die dem sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“ nicht oder noch nicht zur Verfügung stehen können, in den Einrichtungen eine Qualifikation für den ersten Arbeitsmarkt erhalten. Dabei müssen die Beschäftigten ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit leisten und erhalten im Gegenzug einen Werkstattlohn, wie der Betriebsleiter ausführt.

Die so sichergestellte Teilhabe am Arbeitsleben wie die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung entspreche dem gesetzlichen Auftrag. Der regelt ebenso räumliche Verhältnisse: Die Anfahrt zur Werkstatt darf nicht länger als eine Stunde ausfallen. Der Rotenhainer Betrieb ist demnach zuständig für die Verbandsgemeinden Hachenburg, Bad Marienberg, Rennerod, teilweise Westerburg. „Und eine Beschäftigte kommt aus der VG Selters“, ergänzt Günter Keßler.

Apropos Arbeitsweg: Ein Fahrdienst bringt die Menschen täglich nach Rotenhain und zurück, denn von den zur Zeit 137 dort Beschäftigten wohnen etwa Dreiviertel bei ihren Familien oder bei Angehörigen; alle anderen in Wohngruppen in der Region.

Eine weitere Arbeitsform betrifft dauerhaft circa 30 bis 40 Menschen, die von den Caritas-Werkstätten Rotenhain kommen: Sie sind mit dem Status „Werkstattbeschäftigte“ auf „Außenarbeitsplätzen“, also direkt bei Unternehmen der Region tätig, werden allerdings weiterhin von Caritas-Mitarbeitern betreut. Bei dieser Konstruktion komme es, daran lässt Günter Keßler keinen Zweifel, sehr wesentlich auf das Wohlwollen der Verantwortlichen an.

Werkstätten wie jene in Rotenhain haben ergänzend „arbeitsbegleitende Maßnahmen“ wie zum Beispiel ein Sportangebot anzubieten. Dafür gibt es dort eigens eine Sporthalle – die wegen „Corona“ derzeit jedoch als zusätzliches „Speisezimmer“ genutzt werden muss. „In unserem eigentlichen Speisesaal essen sonst 80 bis 100 Personen“, beschreibt Günter Keßler, „durch die räumliche Entzerrung sind es nunmehr vielleicht 18 bis 20 mit entsprechend großen Abständen zueinander.“

Auch Industriemontagen, wie hier bei Bestandteilen für Elektroschränke, erledigen die Werkstätten, wie Betriebsleiter Günter Keßler schildert.

Die gemeinnützigen Einrichtungen sind – bei allem sozialen Engagement – zugleich verpflichtet, eine Wertschöpfung zu erzielen. Davon werden schließlich die Werkstattlöhne bezahlt. „Wir versuchen daher schon, mit den Unternehmen der Region in irgend einer Form zusammenzuarbeiten und unsere Dienstleistung anzubieten“, betont Keßler, „wir wollen gleichwohl niemandem auf dem ersten Arbeitsmarkt die Arbeit wegnehmen!“ Es gehe um Nischen, in denen vielleicht nicht unbedingt ein Facharbeiter benötigt werde. „Oder was passt in der betreffenden Firma nicht in dortige Abläufe, das wir hier jedoch gut darstellen können“, fügt der Betriebsleiter an. Diese Erfordernisse des Marktes müssen Keßler und seine Kollegen dann mit einem „Bedarfsplan“ in Einklang bringen, den es für jeden Beschäftigten bei der Caritas gebe: „Was hat er für Fähigkeiten? Was möchte er selbst machen? Wohin soll er sich entwickeln?“

Eines wird also sehr deutlich: Das gesamte System und die ehrbare Absicht der Teilhabe am Arbeitsleben lassen sich nur umsetzen, wenn über alle gesetzlichen Regularien hinaus Unternehmen bereit sind, den Werkstätten Aufträge zukommenzulassen.

So wie die WWP mit dem Bau der Nistkästen: Die werden als Dankeschön des Westerwälder Energielieferanten bei einer Lieferung im März an seine Pelletkunden verschenkt. „Wir wollen nicht irgendwelche Werbegeschenke verteilen, die dann in der Mülltonne landen, sondern mit denen man etwas anfangen kann und die einen nachhaltigen, ökologischen Zweck haben, also zu unseren regenerativen Energieträgern passen“, kommentiert WWP-Chef Markus Mann. „Wer keinen eigenen Garten besitzt, findet sicher einen Baum in der Nähe für den Kasten“, lächelt er und streicht zufrieden über das fertig gelaserte Logo auf einem in Rotenhain montierten Vogelhaus.

Autor: Uwe Schmalenbach

Bereits 1975 wurden in Niederelbert die “Caritas-Werkstätten-Westerwald-Rhein-Lahn” gegründet. Aus diesen Einzelteilen entsteht an deren Standort Rotenhain das WWP-Vogelhaus.

Große Hilfe bei kleiner Menge

Plötzlich ging bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) eine Bestellung ein, wie sie nicht jeden Tag an deren Firmensitz in Langenbach bei Kirburg ankommt. Es drehte sich dabei nicht etwa um eine Tonne des CO2-armen Brennstoffs in handliche 15-Kilo-Säcke verpackt oder um drei Tonnen, die per Silowagen geliefert werden und einen über den Westerwälder Winter geleerten Bunker wieder auffüllen sollten. Nein, gefragt wurde nach nur ein Kilogramm Pellets enthaltenden Tüten. Davon jedoch sollten es 12.000 Stück sein!

Yesim Dasbasi füllt “Westerwälder Holzpellets” durch einen Trichter in den Beutel. Foto: Schmalenbach

Yesim Dasbasi „schöpft“ mit einem aus einem PVC-Rohr angefertigten Messbecher lose Holzpellets aus einer Kiste und schüttet sie in einen Trichter. An dessen Ende hat sie zuvor einen leeren Papierbeutel eingespannt, in den das Brennmaterial sodann rieselt. Dasbasi nimmt den Beutel ab, legt oben auf die Pellets darin noch zwei Anzünder aus Holzspänen und verschließt das Ganze – fertig ist einer der bestellten 12.000 Beutel.

Yesim Dasbasi ist eine der zur Zeit 137 Beschäftigten der „Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn“ an deren Standort in Rotenhain (siehe Seite 2). Durch den Auftrag der WWP hat die junge Frau dort eine sinnvolle Arbeit, erhält dafür selbstverständlich eine Entlohnung, und für die „Westerwälder Holzpellets“ ist ihre Zuarbeit eine wichtige Unterstützung. Denn im Pelletwerk in Langenbach wäre es schwierig, eine so besondere Verpackungsform ohne Weiteres in die Abläufe zu integrieren, die eher dafür ausgelegt sind, dass LKW aus großen Silos befüllt werden, aber nicht für derartig kleinteilige Aufgaben.

Anders in Rotenhain: Dort ist alles darauf ausgerichtet, ebenso ungewöhnliche Chargen und Produkte fertigzustellen. Im Fall des Auftrags, dessen sich Yesim Dasbasi gerade annimmt, wurden dazu in der Werkstatt kurzerhand der passende Messbecher und eine kippbare Vorrichtung mit dem Trichter individuell gebaut, die der jungen Frau ein ergonomisches Arbeiten ermöglicht.

Die besondere Bestellung, die bei den WWP einging und nun von Dasbasi „eingetütet“ wird, ist für den Vertreiber der amerikanischen Marke „BioLite“, die vor allem für ihre innovativen Camping-Öfen bekannt ist. Das New Yorker Unternehmen entwickelt Energie erzeugende Produkte – so auch den „BioLite Camp Stove“, der etwa mit „Westerwälder Holzpellets“ befeuert werden kann (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete). Der „Camp Stove“ ist im Prinzip ein thermo-dynamischer Generator, der Strom als „Abfallprodukt“ liefert: So kann man während des Kochvorgangs über einen USB-Anschluss elektrische Geräte betreiben. Die Leistung – sie liegt bei etwa acht, neun Watt – reicht aus, um zum Beispiel ein „iPad“ zu laden. Der eingebaute Ventilator des Geräts sorgt zudem für eine saubere und effiziente Verbrennung der „Westerwälder Holzpellets“. Und eben diese benötigt der „BioLite“-Versender für die Käufer seiner Öfen, weshalb Yesim Dasbasi fleißig den Brennstoff in der benötigten Menge verpackt.

„Mit der Caritas in Rotenhain arbeiten wir schon ‚ewig‘ zusammen“, blickt Markus Mann zurück. Vor fast 20 Jahren, so der Chef der WWP, habe man in deren Werkstätten erstmals kleine Tüten mit je 200 Gramm Holzpellets füllen lassen: so enthielten die Säckchen genau die Menge, die eine Kilowattstunde Energie liefert. Bei Messeauftritten oder den „Tagen der offenen Tür“ in Langenbach sind die von Beschäftigten der Werkstätten fertiggestellten Artikel seither beliebte „Giveaways“ und außerdem die Grundlage für eine lange Zusammenarbeit zwischen MANN und Caritas.

Uwe Schmalenbach

Zehn Jahre Pellets zum Selberzapfen

„SB“. Das flexible Prinzip der Selbstbedienung begegnet uns im Alltag bei Warenhäusern, Restaurants oder Tankstellen. Ein ganz besonderer „SB“-Service feiert in Langenbach bei Kirburg seinen runden Geburtstag: Vor zehn Jahren nahmen die „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) die erste vollautomatische „Pellettankstelle“ Deutschlands in Betrieb.

Pellettankstelle: Seit Oktober 2010 befindet sich die „Pellettankstelle“ auf dem Geländer der „Westerwälder Holzpellets“. Aus dem 14 Meter hohen Stahlbau-Silo kann man sich den Brennstoff einfach „abzapfen“.

Auf dem Betriebsgelände in der Schulstraße in Langenbach ist die „Pellettankstelle“ nicht wegzudenken. Beim Vorbeifahren fällt sie gewiss dem ein oder anderen Autofahrer auf, und auch etliche Besucher der zur MANN-Unternehmensgruppe gehörenden „Westerwälder Holzpellets“ staunen – etwa beim Rundgang am „Besuchertag“ – immer wieder, wenn sie zu der beeindruckenden Anlage emporblicken: Ein 14 Meter hohes Stahlbau-Silo samt Befüllequipment steht jenen Pelletkunden zur Verfügung, die sich ihre Ware in einer gewünschten Menge bevorzugt selber „abzapfen“ und lose verladen mit nach Hause nehmen. Die vollautomatische Anlage war im Oktober 2010 die erste ihrer Art. Sie wurde von MANN Naturenergie und dem Anlagenbauer IFA Technology aus Rain am Lech entwickelt, von den WWP anschließend gekauft.

30 Tonnen des umweltfreundlichen Brennmaterials fasst das Silo der „Pellettankstelle“; sie hat eine Verladeleistung von bis zu sechs Tonnen pro Stunde. Gezahlt wird per EC-Karte. 234 Euro kostet eine Tonne des Brennstoffs derzeit. Mit Abfüllstutzen und Kurbelvorrichtung lässt sich die gewünschte Menge Holzpellets an der Station ganz einfach abnehmen. Das Prinzip sei denkbar einfach, unterstreicht Stefan Neumann, Vertriebsleiter bei IFA Technology. Dank eines Displays am EC-Terminal sowie einer visualisierten Benutzeroberfläche könne der Kunde seinen Einkauf bequem abwickeln, unabhängig von WWP-Mitarbeitern. Die Anlage ist jederzeit zugänglich, kann von sechs bis 22 Uhr und somit losgelöst von den Bürozeiten der WWP – auch an Sonntagen – genutzt werden.

Über das Display, erläutert Neumann, steuere der Kunde die gewünschte Pelletmenge und belädt mit Hilfe eines höhenverstellbaren Befüllschlauchs seinen Autoanhänger, die Ladefläche oder einen mitgebrachten Behälter mit dem aus dem Silo rieselnden Brennstoff. „Man kann auch ,BigBags‘ anhängen“, ergänzt Neumann, also stabile Säcke. Ein geeichtes Wiegesystem ermöglicht beim „Tankvorgang“ exakte Gewichtsmessungen. „Dass die Waage geeicht ist, ist bei der ,Pellettankstelle‘ natürlich ganz wichtig“, erklärt der Vertriebsleiter von IFA Technology, „damit der Kunde genau das bekommt, was er kauft.“

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die fortschrittliche Station großer Beliebtheit bei Pelletkunden erfreut, bietet sie doch etliche Vorteile. Die „Pellettankstelle“ gewährt dem Kunden aber nicht nur reichlich Flexibilität, sie vermeidet zudem unnötiges Verpackungsmaterial. Überdies ist sie eine kostengünstigere Alternative zur Sackwaren-Bestellung oder der Anlieferung per Silowagen.

Am 23. Oktober 2010, dem Tag der Inbetriebnahme, war der „Jubilar“ noch eine absolute Neuheit, als er am damaligen „Besuchertag“ bei MANN und den WWP der staunenden Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Seither hat die innovative Idee der „Westerwälder Holzpellets“ auch andere Anbieter überzeugt. So steht etwa in Wirges eine Hochsiloanlage zum Abfüllen von Pellets, in anderen Bundesländern wurden ebenfalls „Zapfstellen“ des naturnahen Brennmaterials errichtet. „Wir haben in der Zwischenzeit noch einige weitere Pellettankstellen gebaut“, freut sich Stefan Neumann. Das von MANN und IFA Technology entwickelte Konzept sei nicht nur für Holzpellets denkbar: „Die Grundidee ist für viele Produktionen sinnvoll.“ So könne man sie etwa auch auf Saatgut, Streusalz oder Düngemittel, somit auf viele weitere nützliche Bereiche, ausweiten. Aber gerade die „Pellettankstelle“ sei natürlich ganz „im ökologischen Sinne“, betont der Vertriebsleiter.

Aufbau: Als die „Pellettankstelle“ vor zehn Jahren errichtet wurde, musste das Stahlbau-Silo mit einem Kran aufgestellt werden.

Für die Holzpellets des Wäller Unternehmens werden nur heimische Rohstoffe verwendet. Lange Anfahrtswege werden bestmöglich vermieden. Die „Pellet- tankstelle“ vor der Haustür der WWP nimmt diesen Gedanken mit auf. Die Produktion des Wäller Brennmaterials wird übrigens zu 100 Prozent mit Ökostrom betrieben. „MANN Strom“, ein weiteres Produkt der Langenbacher Energiepioniere, leistet ebenso wie Holzpellets einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und überzeugt zahlreiche Stromkunden.

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Uwe Schmalenbach

„Peak Shaving“ spart Strom, Geld und treibt die Energiewende voran

In der täglichen, praktischen Anwendung zeigt MANN Naturenergie, dass die erforderlichen Eingriffe in den Produktionsprozess äußerst gering sind und nicht einmal ein Prozent der Betriebsstunden betreffen

„Was wir uns vorstellen: Was hier bei uns im Werk im Kleinen passiert, muss eigentlich in einer ganzen Verbandsgemeinde, einem Landkreis, ja eigentlich bundesweit ineinandergreifen“, sagt Markus Mann,Geschäftsführer von MANN Naturenergie, versonnen. Er denkt dabei an ein Projekt, das im Januar dieses Jahres „scharfgeschaltet“ wurde und seither hilft, den maximalen Stromverbrauch zu reduzieren und die „Energiewende vor Ort“ voranzubringen. Das passiert in erstaunlicherweise nur äußerst kleinen Eingriffen ins firmeneigene Stromnetz, hat aber enorme Auswirkungen.

Florian Höfer hat eine Menge Grafiken, Diagramme, Tabellen auf seinen Computern. Der gelernte Elektroniker für Betriebselektrik kümmert sich bei MANN und den „Westerwälder Holzpellets“ generell um alle Anlagenprogrammierungen und hat das im Januar gestartete „Peak Shaving“ wesentlich vorangebracht. Höfer zeigt anhand eines Schaubildes, wie komplex das Areal-Stromnetz auf dem Firmengelände ist: Da gibt es eine Menge Verbraucher, darunter einige, die „richtig Leistung ziehen“. Der Hacker beispielsweise, in dem eine mit Messern bestückte Trommel Holz zu zerkleinern vermag: Die Anlage benötigt bis zu 220 Kilowatt (kW) Strom, um das Bio-Material zu bearbeiten. Auch das Schreddern von Bio-Brennstoff für das firmeneigene Kraftwerk zieht viel. Auf der anderen Seite gibt es bei MANN eine Reihe Komponenten, die Strom einspeisen: zahlreiche Photovoltaik-Module etwa. An all diesen Geräten und Anlagen sind Messpunkte installiert, die in die von Florian Höfer auf die Bedürfnisse der Firma MANN programmierte Software einfließen, so in Echtzeit anzeigen, was wo erzeugt und was verbraucht wird sowie wie groß der Bezug aus dem öffentlichen Stromnetz ist. 1.780 kW sei der bisherige Jahresspitzenwert gewesen, schildert Höfer.

Elektronik: Bei MANN Naturenergie kümmert sich Florian Höfer um alle Anlagenprogrammierungen und hat auch das “Peak Shaving” eingerichtet.

Dieser ist im Computer hinterlegt. Eine Art „Stromtacho“ zeigt in „grün, gelb und rot“, wie sehr der Momentanverbrauch sich diesem Höchststand annähert. Da greift das „Peak Shaving“, das das Erreichen dieser Lastspitze vermeidet, um den höchsten, in einem 15-Minuten-Intervall gemessenen Durchschnitt zu vermindern.Was theoretisch komplex klingt, wird in der Praxis mit verhältnismäßig einfachen Eingriffen umgesetzt: „Verschiebbare Lasten“ in der Produktion von „Westerwälder Holzpellets“ werden so gesteuert, dass sie nicht in ausgerechnet einem solchen Moment den Stromverbrauch erhöhen, in dem dieser sich, aufs gesamte Betriebsgelände bezogen, ohnehin schon Richtung Maximum bewegt. „Das Abwerfen von Lasten funktioniert etwa dadurch, dass unsere E-Tankstellen den Ladevorgang für ein paar Minuten oder auch mal eine halbe Stunde stoppen“, erläutert Florian Höfer. „Der Autofahrer, der sein Fahrzeug stundenlang an der Säule geparkt hat, merkt davon später nichts, der Wagen ist voll. Aber er wurde geladen, wenn andere Anlagen gerade nicht maximal liefen.“

Überblick: In Echtzeit registriert das System jeden Verbraucher und auch jede Einspeisung von Strom auf dem MANN-Firmengelände und errechnet daraus, wie nah man sich dem Spitzenwert annähert.

Ein weiteres Beispiel für dieses Lastmanagement ist der Baggerfahrer, der mit seinem großen blauen Gerät mit Rädern und Greifer Rundholzstämme bei dem stromhungrigen Hacker auflegt, die dieser sodann zerkleinert: Der Fahrer hat im Führerhaus ein Tablet dabei, auf dem die selben „Stromuhren“ zu sehen sind, die auf Florian Höfers Computern in seinem Büro abgebildet sind. Wenn der Zeiger den grünen Bereich verlässt und „in Richtung rot“ wandert, kann der Fahrer für einen Moment aufhören, neues Holz in den Hacker zu füllen. Dessen Stromverbrauch sinkt daraufhin, die Erreichung der Lastspitze wird so vermieden. „Das heißt jedoch nicht, dass der Kollege in der Zeit nichts machen kann“, stellt Florian Höfer klar. „Er kann zum Beispiel zum Rundholzplatz fahren und für die Folgezeit schon neue Stämme holen.“ Künftig soll als zusätzliche Erleichterung ein Puffer an den Hacker angebaut werden, den der Baggerfahrer befüllt, und der, von der Lastmanagement-Software gesteuert, automatisch nur dann Stämme zum Hacker fördert, wenn dadurch die Spitzenlast nicht erreicht wird. Das Prinzip wird bei MANN Naturenergie an vielen Stellen angewendet, ebenso in der Pelletproduktion: Hier kann dadurch, dass für kurze Zeit weniger Sägespäne zu den Pressen gelangen, deren Strombedarf ebenso reduziert werden. Die Anlage bleibt keineswegs stehen und hört nicht auf, den regenerativen Brennstoff zu produzieren, sie wirft nur für kurze Zeit weniger Pellets aus.Wie wirksam das System ist, zeigt sich anhand eines anderen der vielen Werte, die Florian Höfer aufzeichnet: MANN hat den Spitzenwert von den besagten einstigen 1.780 kW mit diesen Maßnahmen deutlich auf 1.507 kW reduzieren können. Bei der Berechnung des „Leistungspreises“ (s.u.) macht sich diese Verminderung erheblich bemerkbar und hilft MANN Naturenergie, einen fünfstelligen Betrag einzusparen. „Für Firmen ist es also absolut lohnenswert, so ein System zu installieren“, freut sich Markus Mann über den Erkenntnisgewinn.

Anzeige: Beispielsweise der Baggerfahrer kann jederzeit sehen wie groß der “Stromhunger” des ganzen Betriebes gerade ist – und seine Arbeit daran anpassen.

Und noch eine Beobachtung haben die Energiepioniere mit dem Versuch im eigenen Betrieb gemacht: Die im Firmennetz eingebundenen Verbraucher mussten gar nicht so sehr häufig oder langanhaltend gebremst werden! Die E-Tankstellen waren dabei die Komponente, die am stärksten betroffen gewesen ist, da man sie laut Florian Höfer am einfachsten abschalten könne. Doch selbst bei diesen Stromabnehmern wurde die Betriebszeit nur zu drei Prozent eingeschränkt. Das ist bereits der Maximalwert in Höfers Statistik, alle anderen Verbraucher wurden lediglich zu weit weniger als einem Prozent ihrer Betriebsstunden einbezogen. Die Mitarbeiter bemerken die geplanten „Ausfälle“ also nahezu gar nicht, die Produktion wird dadurch nicht beeinträchtigt. Wenig bremsen für einen großen Effekt, das ist das Ergebnis der bisherigen Erfahrungen MANNS mit dem „Peak Shaving“. Daneben wurden bei MANN zur weiteren Optimierung des Stromverbrauchs alle (älteren) Elektromotoren in Maschinen gegen inzwischen verfügbare, energieeffizientere ausgetauscht. Gleichwohl werden die alten als Ersatzteil aufgehoben, die Ausfälle überbrücken helfen können. Überall wurde auf LED-Beleuchtung auf dem Firmengelände umgestellt, statt früher genutzter Zeitschaltuhren regeln Bewegungsmelder den Einschaltvorgang.Doch die Langenbacher wollen ihr System noch erheblich weiter ausbauen und verfeinern. Soeben wurden 114 „Second-Life“-Batterien (s.u.) aus Mercedes-Hybrid-Fahrzeugen bestellt. Sie werden auf dem Betriebsgelände in Langenbach bis zum Jahresende zusammen zu einer Großbatterie mit einer Kapazität von 1,4 Megawattstunden – die einige Vorteile bringen soll: Einerseits kann der Stromspeicher Windenergie aus dem firmeneigenen Windpark puffern. Das Kabel von den Windmühlen zum Werk soll im kommenden Jahr gelegt, der Windpark ins Lastmanagementsystem ebenfalls eingebunden werden. Daneben hilft die Großbatterie bei der „Blindstromkompensation“: So nennt man, grob dargestellt, Energie, die fortwährend zwischen Erzeuger und elektrischem Verbraucher hin- und herfließt, ohne genutzt werden zu können. Sie entsteht bei der Erzeugung elektrostatischer oder elektromagnetischer Felder, die in der Industrie oft auftreten (etwa bei jedem Elektromotor). Dann soll die Großbatterie außerdem Primärregelleistung bieten. Diese ist quasi eine Reserve, die kurzzeitig (innerhalb von Sekunden) Laständerungen abzufedern hilft, um so unvorgesehene Frequenz-Schwankungen im Stromnetz auszugleichen.

Lastabwurf: Wenn die nächsten Stämme einen Moment lang nicht am Hacker aufgelegt werden, kann der kurzzeitig seine Leistung reduzieren, das erreichen der Spitzenlast wird vermieden. In mehr als 99 Prozent der Arbeitszeit kann dennoch völlig uneingeschränkt weitergemacht werden, erläutert Florian Höfer.

Doch der Hauptzweck der aus „alten Batterien“ aufgebauten Großbatterie ist, dass der darin gespeicherte Strom eingesetzt werden kann, um die besagten Leistungsspitzen zu kappen, was sich zusätzlich positiv auf den Durchschnittswert auswirken wird – so der Plan von MANN Naturenergie –, den der Energieversorger im „Leistungspreis“ in Rechnung stellt. Nicht einfach mehr Strom zu produzieren, wenn die Maschinen ihn benötigen, sondern die Last zu verteilen und so mit insgesamt weniger Jahreshöchstleistung auszukommen: Markus Mann wünscht sich, dass sein Unternehmen damit eine „Blaupause“ für den Markt wird. Er wolle zeigen, dass sich das Spitzenlastmanagement lohne, gerade auch finanziell, damit es andere Unternehmen nachmachten. Denn selbst, wenn „MANN Naturstrom“ zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammt: Noch besser, als bei der Energiewende alles auf „grünen Strom“ umzustellen, sei es, die Energie gar nicht erst zu verbrauchen. „Wir verbinden dabei alles Tun und unser Bemühen um den Umweltschutz mit Wirtschaftlichkeit und Praxisbezug“, hebt der Firmenchef hervor. Diese Vorgehensweise ist für Markus Mann Teil der „Energiewenden vor Ort“. Und einmal mehr ein Beleg, dass Ökonomie und Ökologie wunderbar Hand in Hand gehen können, wenn man es clever anstellt und nach neuen Wegen sucht. „Wir fordern sie nicht nur, wir leben die Energiewende auch bei uns ,im eigenen Stall‘ – und verdienen obendrein noch Geld damit“, unterstreicht Markus Mann.


Leistungspreis

Der „Leistungspreis“ macht die Stromrechnung für Firmen besonders teuer

Den sogenannten „Grundpreis“ sowie den „Arbeitspreis“, der die verbrauchte Menge abbildet, kennt jeder von seiner Stromrechnung. Für Unternehmen jedoch, die über 100.000 Kilowattstunden im Jahr benötigen, sehen entsprechende Verordnungen eine „registrierende Leistungsmessung“ vor: Der Energieversorger ermittelt im 15-Minuten-Takt den durchschnittlichen Stromverbrauch des Kunden und leitet daraus eine dritte Komponente ab, den „Leistungspreis“.

Und der kann für Firmen sehr teuer werden. Denn für die Berechnung dieser Größe legt der Stromlieferant den höchsten Durchschnitt zugrunde, der innerhalb eines Abrechnungszeitraumes festgestellt wurde. Wenn dieser beispielsweise ein Jahr beträgt, in dem jedoch nur ein einziges Mal und an nur einem Tag des Jahres die maximale Strommenge (der „Peak“) abgenommen wurde, treibt er die Stromkosten dennoch deutlich nach oben, obschon der Durchschnittsverbrauch im selben Jahr erheblich niedriger liegen kann. „Doch der Energieversorger muss die maximal denkbare Leistung immer vorhalten, egal, ob wir sie abnehmen – und das kostet“, hebt Florian Höfer hervor.


Second-Life” Batterie

Das „zweite Leben“ der Batterien

Je mehr Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs sind, desto mehr Batterien werden das Ende ihrer Nutzungsdauer in den Fahrzeugen erreichen. Sie kann man entweder (aufwändig) recyclen – oder sie „rekonditionieren“. Danach sind sie noch in anderen Anwendungen als in Pkw nutzbar, etwa zum Antrieb von Maschinen, wo die Akkus meist in kleineren Raten ge- und entladen werden als im Auto, wo bei jedem „Gas geben“ Strom entnommen und bei jedem Tritt aufs Bremspedal wieder welche zugeführt wird, was die Batterien relativ schnell verschleißt.

Durch die Rekonditionierung sollen „alte“ Batterien aus E-Autos, das ist der aktuelle Forschungsstand, noch zehn Jahre länger genutzt werden können, eben als „Second-Life“-Batterien. Je mehr Elektroautos fahren, desto billiger werden diese Stromspeicher. Inzwischen kosten sie etwa 150 Euro pro Kilowattstunde Kapazität – der Wert lag noch vor wenigen Jahren beim Doppelten.

Uwe Schmalenbach

Neue und alte Angebote für den Urlaub daheim

Der Blick vom Hedwigsturm auf Bad Marienberg zeigt, wie herrlich grün der Westerwald ist und damit eine tolle Region zum Ferien machen in der Natur – und ohne klimaschädliche Flugreise ins Ausland. (Foto: RPT/Ketz)

„Corona“ hat vieles durcheinandergeworfen, schon bisher manche Existenz gefährdet oder vernichtet und auch jahrelang gepflegte „Urlaubstraditionen“ undurchführbar oder unsicher werden lassen. Darum scheinen sich viele Menschen in Deutschland in diesem Sommer für einen Inlandsferienort zu entscheiden oder statt langer „großer Ferien“ lieber Kurzurlaube und Tagestouren zu unternehmen. Im Westerwald gibt es dafür tolle Ziele, an denen ökologisches Bewusstsein schon Alltag ist.

Im Mai wurden in Deutschland 14.073 „Freizeitfahrzeuge“ – also etwa Wohnmobile – neu zugelassen. Das sind 15,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Eine aktuelle Umfrage von „AutoScout24“ hat daneben zum Ergebnis, dass vier von fünf Autohaltern in dieser Saison mit dem eigenen Fahrzeug verreisen und dabei vor allem Ferienorte in Deutschland ansteuern wollen. Es scheint also etwas dran zu sein am „Boom“ des Inlandstourismus. Wenngleich das Thema offenbar sehr heterogen zu betrachten ist und manche Regionen wie beispielsweise das Sauerland über leere Hotelbetten und Restaurants klagen; sicher auch, weil Gruppen- und Geschäftsreisende fehlen. Ein ganz neues Angebot an Übernachtungskapazitäten für Inlandsurlauber entsteht derzeit gerade in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg im Norden von Rheinland-Pfalz. Am beliebten Ausflugslokal „STEIG-Alm“ wird eine Herberge im September eröffnet, in der die Nutzung regenerativer Energien so selbstverständlich ist wie das Frühstücksbuffet am Morgen. Schon über sechs Jahrzehnte hingegen bietet ein Kleinod in Mittelhof Touristen eine Bleibe. Dort, auf dem „Campingplatz im Eichenwald“, wird mit Regenwassernutzung oder Grünstrom ebenfalls darauf geachtet, dass der Urlaub eine ökologische Komponente erhält. Das ist den Machern des Kletterparks Bad Marienberg nicht minder wichtig. Darin übernachten zwar nur Vögel in den Baumwipfeln, doch als Ausflugsmöglichkeit für Urlauber in der Region wie für Aktive, die einfach einen tollen Tag in einem Wäller Wald verbringen und diesen aus ungewohnter Perspektive erleben wollen, ist der Kletterpark ein guter Tipp.

Nachhaltige Ferien auf der „STEIG-Alm“

Auf dem Dach des idyllisch gelegenen Hotels befindet sich eine Photovoltaikanlage.

Wer dieser Tage Urlaub in alpinen Gefilden geplant hatte und die lang ersehnte Auszeit „coronabedingt“ absagen musste, sollte vielleicht über einen Besuch in Bad Marienberg nachdenken. Rustikale Behaglichkeit findet man nämlich auch in der dortigen „STEIG-Alm“. Das Ausflugslokal ist seit Jahren ein beliebtes Ziel. Nun wird das Angebot, direkt am beschaulichen Bad Marienberger Wildpark gelegen, um ein Hotel erweitert. Wer sich nach dem Genuss seiner „Schmankerln“ gerne gleich zu Bett legen möchte, muss künftig nur nach nebenan gehen. Und da passend zur Lage am Waldrand in beiden Gebäuden Wert auf „grünes Bewusstsein“ gelegt wird, ist auf der „STEIG-Alm“ die Nutzung regenerativer Energien selbstverständlich.

„Alpen-Feeling“ im Westerwald. Was sich ungewöhnlich anhören mag, ist in Bad Marienberg Realität. Seit 2009 ist das urige Restaurant „STEIG-Alm“ Rast- und Einkehrmöglichkeit für Wanderer, Touristen und Ausflügler, die in der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde in die Natur eintauchen wollen. Ganz egal, ob sie „biken“, auf dem überregional bekannten „Westerwald-Steig“ wandern, Tiere im malerischen Wildpark (siehe Kasten) beobachten oder den erlebenswerten „Kletterwald Bad Marienberg“ austesten wollen.

Diese Alpakas gehören zu den vielen Tieren, die Besucher im Wildpark bestaunen können.

Zahlreiche Arten im „Wildpark Bad Marienberg“
In direkter Nachbarschaft zur „STEIG-Alm“ befindet sich der beeindruckende „Wildpark Bad Marienberg“. Wildschweine, Rot- und Damwild, Wisente, Hochlandrinder und weitere Tiere leben hier in natürlicher Umgebung. Ein vier Kilometer langer Rundweg führt an ihnen vorbei durch Wald- und Wiesengelände. Die ganzjährig geöffnete, kostenlos besuchbare Attraktion beherbergt zudem einen Streichelzoo mit Ziegen und Hasen.

Hier, in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen Attraktionen, eröffnete Stefan Weber im Dezember 2009 sein rustikales Restaurant – eine groß dimensionierte, gediegene Almhütte. Diese fügt sich trotz oder vielleicht gerade wegen ihres alpinen Flairs originell in die waldige Umgebung ein und ist eine beliebte Anlaufstelle. Und so ist es wohl kein Wunder, dass in Stefan Weber der Wunsch reifte, den Aufenthalt der Urlauber mit neuen Übernachtungsmöglichkeiten zu optimieren. „Es kam immer wieder von vielen unserer Restaurant-Gäste die Nachfrage nach Hotelzimmern in der Nähe“, erzählt Lukas Weber, der Sohn des Inhabers, der tatkräftig im elterlichen Unternehmen mithilft. „So ist bei meinem Vater die Idee entstanden, der ,STEIG-Alm‘ einen Hotelbetrieb anzufügen.“ Schon bald dürfen sich Reisende in Bad Marienberg daher über das „Restaurant und Hotel STEIG-Alm“ freuen: Im kommenden September soll die neue Herberge eröffnet werden. 22 Zimmer bieten Komfort und Erholung in dem 1.400 Quadratmeter umfassenden Hotel. Darunter ein „Hochzeitszimmer“ und drei Familienzimmer. Letztere sind zusammengehörende Räume, die voneinander separiert werden können, was besonders Eltern mit Kindern optimale Rückzugsmöglichkeiten bietet. Moderne Holzmöbel, gemütlich-warme Beleuchtung und viele liebevolle „Alpen-Details“ betonen die Atmosphäre des Ambientes. Ein Ruhe- und ein Fitnessraum ergänzen das Angebot, eine Außensauna gibt es ebenso. „Das Haus wird am Ende ein Drei-Sterne-Plus-Hotel sein“, freut sich der Betreibersohn.

Die Zimmer versprühen rustikales Flair.

Da Lokal und Hotel ein Ensemble bilden, passe der Neubau natürlich auch bestens zu dem typischen Charme der „STEIG-Alm“, lächelt Lukas Weber: „Das Restaurant ist rustikal-alpin, und das Hotel wird modern-alpin sein. Es ist eine Gesamtheit.“ Ebenso konsequent fortgesetzt wird die nachhaltige Bewirtschaftung, der sich das „STEIG-Alm“-Team seit jeher verschrieben hat. Eine Lokalität, die sich buchstäblich im Einklang mit der Natur befinde, erfordere schließlich ein ökologisches Bewusstsein der Menschen, die sich hier aufhielten, betont Lukas Weber. „Unser Restaurant haben wir daher schon lange zu 100 Prozent mit grünem MANN-Strom betrieben“, erläutert der 25-Jährige. „Unser Bedarf ist allein im Restaurant einiges mehr als 100.000 Kilowattstunden.“ Der gleiche Netzanschluss werde nun auch für das Hotel verwendet, damit in den Zimmern ebenfalls Grünstrom genutzt wird. „Wir setzen uns gerne für den Umweltschutz ein. Das ist auch für das eigene Gewissen als Betreiber ganz wichtig. Wir wollen einen Beitrag leisten“, so Weber.

Die künftige Herberge setzt nicht nur drinnen, sondern auch draußen auf Ökostrom: Hier entstehen zwei Ladsäulen für E-Autos. (Fotos: de Wit)

Das ökologische Konzept setzt sich im neuen „STEIG-Alm“-Hotel noch auf weiteren Ebenen durch – eine Pelletheizung ist installiert, in der künftig „Westerwälder Holzpellets“ für wohlige Wärme in der Herberge sorgen sollen. Sämtliche Räume werden mit LED-Leuchten illuminiert, beim Frühstücksangebot soll es keine Einwegprodukte geben. Darüber hinaus werden vor dem Hotel zwei Ladesäulen für Elektroautos bereit stehen. „Und auf dem Sonnendach haben wir eine 30-Kilowatt-Photovoltaikanlage anbringen lassen. Auf der anderen Seite des Hauses haben wir ein Gründach“, fügt Lukas Weber hinzu. Apropos Grün: Nicht nur die direkten „Nachbarn“ der „STEIG Alm“ – Wildpark und Kletterwald etwa – bieten Ausflüglern Naherholung in der Natur. Nur ein paar Meter von Hotel und Restaurant entfernt schwirrt und summt es zudem über einem farbenfrohen Blütenmeer: Hier hat das Team eine zauberhafte Blumen- und Bienenwiese angelegt.

Lukas Weber zeigt ein Bad-Fenster, das man vom Schlafzimmer aus öffnen oder schließen kann.

Eine Pelletheizung sorgt für wohlige Wärme im Hotel.

„Die haben wir letzten Sommer selbst ausgesät. Die Leute, die herkommen, finden den Platz ganz toll“, freut sich Lukas Weber. Staunen können die Betrachter dann gleichfalls über das ausgemusterte Feuerwehrfahrzeug, das vor dem Hotel steht. „Das verwenden wir für die Bewässerung der Wiese, indem Regenwasser aus einer Zisterne genutzt wird“, veranschaulicht der Wäller.
Den Besuchern des Restaurants und Hotels „STEIG Alm“ dürften diese nachhaltigen Konzepte sehr zusagen. „Es ist für viele Gäste immer mehr ein Kriterium, dass die Lokalität umweltfreundliche Standards einhält“, hat Lukas Weber beobachtet. „Es gibt einige Firmen, die extra darauf schauen.“ Zahlreiche Reservierungen seien bereits verbucht worden für die neue Übernachtungsdestination. Sogar an den Weihnachtstagen und Silvester gebe es Anmeldungen.

Die Webers freuen sich über das überregionale Interesse am Westerwald und an Bad Marienberg. Obwohl einige Menschen wegen der herrlichen Natur anreisten, sei die Gegend rund um die „STEIG-Alm“ keineswegs überlaufen. „Das ist hier auf jeden Fall ein ,sanfter‘ Tourismus. Die Leute schätzen die Ruhe“, schildert Lukas Weber. Diese, gepaart mit tollen Attraktionen wie Wildpark oder Kletterwald, ergebe eine perfekte Mischung, ein „Gesamtpaket“ für Inlandstouristen, die zudem Wert auf ein gleich in zweierlei Hinsicht „grünes Erleben“ legen.

Ein besonderes Vergnügen sei es übrigens, vom neuen „STEIG-Alm“-Hotel den Blick in die Ferne schweifen zu lassen, teilt Lukas Weber abschließend noch sein ganz persönliches Highlight mit. Abends mit einem Glas Wein auf einem der holzverkleideten Balkone zu sitzen und den Sonnenuntergang über dem Westerwald zu beobachten, sei einfach zu schön, erzählt der 25-Jährige, und er weiß, wovon er spricht. „Ich habe es erst gestern selbst wieder ausprobiert“, lacht er.

Die Blumen- und Bienenwiese wird von Spaziergängern und Tieren gleichermaßen geschätzt.

Uwe Schmalenbach

„Jeder muss ein Bewusstsein dafür entwickeln“

Anne Neuroth mit ihrer Arbeit, die sich mit dem Kohlenstoffdioxid-Fußabdruck der WWP über den gesamten Lebenszyklus befasst. (Foto: Schmalenbach)

„Ausarbeitung einer Datengrundlage zur Erhebung eines Product Carbon Footprints für die Westerwälder Holzpellets GmbH“: So lautet der Titel von Anne Neuroths Bachelorarbeit. Die aus Ötzingen bei Montabaur stammende junge Frau hat am Umwelt-Campus der Hochschule Trier studiert. Für ihre Abschlussarbeit wählte sie die CO2-Bilanz des bei den „Westerwälder Holzpellets“ hergestellten Brennstoffes als Untersuchungsgrundlage. Einen Produkt- „Footprint“ nutzen viele Pelletunternehmen werblich. Doch Neuroths Ansatz geht über den üblicherweise genannten Wert deutlich hinaus: Sie bestimmte einen CO2-Wert für den gesamten Lebenszyklus des Holzpellets – angefangen vom Rohmaterial im Wald bis zur Verfeuerung im Heizkeller des Verbrauchers. Im Interview erzählt die 25-Jährige, wie sie darauf kam und was sie herausgefunden hat.

Anne, dein Vater Nikolaus Neuroth gehört zum MANN- Naturenergie-Team. Ist so dein Kontakt zu den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) entstanden?

Ja, genau. Und ich leistete da mal ein Praktikum ab, wollte einfach wissen, was ich vielleicht nach dem Abitur machen kann. Ich habe dann später bei MANN eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert, bei den „Westerwälder Holzpellets“ gearbeitet und wurde relativ schnell ins kalte Wasser geworfen. (lacht) Ich lernte viel dazu und bin so durch die Firma in den Umwelt-Bereich und schließlich zu meinem Studiengang gekommen.

Was hast du genau studiert?

Ich habe Umwelt- und Betriebswirtschaft studiert, und das am Umwelt-Campus in Birkenfeld. Der gehört zur Hochschule Trier. Letzten Sommer war ich mit den Klausuren durch und habe im Januar die Bachelorarbeit abgegeben. Im Februar musste ich sie noch verteidigen, seitdem bin ich fertig.

Mit welcher Note hast du die Bachelorprüfung abgeschlossen?

Mit einer 1,0.

Gratuliere! Das Thema deiner Abschlussarbeit bezieht sich auf den CO2-Fußabdruck des gesamten Lebenszyklus‘ eines „Westerwälder Holzpellets“, also summiert alle Treibhausgasemissionen, angefangen von der Rohstoffgewinnung, über die Herstellung, Logistikprozesse und die Nutzungsphase bis hin zur Entsorgung. Wie bist du darauf gekommen?

Die Firma WWP hat bereits einen „Carbon Footprint“ für das eigentliche Produkt berechnen lassen – 10,68 kg CO2 pro Tonne „Westerwälder Holzpellets“. Der Wert ist von 2018. Und dadurch, dass bei WWP seither eine modernere, energiesparendere Pelletanlage gebaut worden ist, habe ich mir gesagt, dass da eigentlich etwas Neues hin muss. Dann gab es noch so eine Art „Carbon Footprint“, der mit Hilfe des Deutschen Pellet Verbandes jährlich aktualisiert wurde. Die Bilanz ist jedoch sehr, sehr knapp und bezieht sich eben nur auf die Produktion. Da fehlen andere Faktoren. Es war also ein CO2-Fußabdruck, aber kein kompletter, der die gesamte Nutzungsphase des Pellets berücksichtigt.

Demnach war dein Anspruch, die Messlatte nicht nur an den Produktionsprozess anzulegen?

Genau! Sondern wirklich vom Anfang bis zum Ende. Der Ingenieur, der den vorherigen Footprint berechnete, hatte den von der Rohstoffanlieferung bis zur Auslieferung ermittelt. Ich habe nun jedoch ebenso die Verwendung der Pellets beim Kunden mit drin.

Wie bist du da vorgegangen?

Ich habe versucht, mich über verschiedene Heizportale durchzuforsten, um irgendeinen Mittelwert zu finden. Das war natürlich total schwierig. Aber mir ist aufgefallen, dass dieser Nutzungsbereich – dadurch, dass Pellets aus Rohstoffen hergestellt werden, die „Abfallprodukte“ sind – sehr nachhaltig ist. Bei der Firma WWP besonders.

Wieso?

Weil das Holz für die Schnittholz- und nicht für die Pelletproduktion angeliefert wird.

Was umfasst deine gesamte Untersuchung denn alles?

Sie geht wirklich von der Rohstoffanlieferung, also dem kompletten Transportweg aus dem Wald, bis zum Ende. Ich habe für Ersteres mit den Lieferanten Kontakt aufgenommen, habe mir die Kilometerzahl geben lassen, die sie im Durchschnitt fahren, um das Rundholz nach Langenbach zu bringen. Es geht bei einem „Carbon Footprint“ immer um eine Jahresbilanz, ich habe ihn für 2018 gemacht.

Bei deiner Analyse kam heraus, dass die Nutzung von Grünstrom in der Pelletproduktion – wie es bei den WWP der Fall ist –, aber auch beim Betrieb der Heizung entscheidend ist.

in der Betrachtung der Absolventin steckt selbst die Teilmenge CO2, die bei der Herstellung der Folie für die Pellet-Sackware anfällt. (Foto: Moldenhauer)

Echter Grünstrom wie der von MANN verursacht ja ebenfalls kaum CO2-Ausstöße. Ich jedoch habe den derzeitigen deutschen Strommix für die Berechnungen gewählt. Denn ich kann nicht unterstellen, dass jeder Kunde Grünstrom nutzt, weil viele Haushalte eben noch auf Atom- oder Kohlestrom setzen. Daher habe ich also den Strommix aus Deutschland als Grundlage genommen, und der hat den Wert echt richtig nach unten gezogen! Pro Tonne „Westerwälder Holzpellets“ werden – alle Faktoren berücksichtigend – etwa 56 Kilogramm CO2 ausgestoßen, mit konventionellem Strom. Und ich habe mir gesagt: Wenn jeder Kunde echten Ökostrom für die Heizung nutzen würde, würde das schrumpfen auf 33 Kilo. Also fast die Hälfte!

Bei der Pelletverfeuerung hast du also über die ganze Nutzungsdauer pro Kopf den CO2-Ausstoß berechnet?

Ja. Die Pellets der WWP haben diesen extrem guten Wert, dadurch, dass es ja auch ein sehr heimisches Produkt ist, die Lieferwege somit ausgesprochen kurz sind. Das spielt eine enorm große Rolle. Und wenn der Kunde dann außerdem versteht: „Das sind gute Pellets, und ich nutze zudem Ökostrom, so verringere ich den Fußabdruck noch einmal“, ist das toll. Diese 33 Kilo habe ich auf die Verbrauchsmenge pro Tonne runtergerechnet, es geht also nicht um einen kompletten Jahreshaushalt. Wenn demnach jemand fünf Tonnen in zwölf Monaten verfeuert, stößt er fünfmal 33 Kilo CO2 aus, also 165 Kilo.

Wie sieht es mit dem Anteil der Logistik aus?

Das ging eigentlich. Dadurch, dass die Anlieferung ja quasi wegfällt und die Auslieferung relativ nah erfolgt, weil man versucht, in der Region zu bleiben.

Warum wolltest du gerne alle Aspekte in deine Berechnung mit aufnehmen?

Mir war das wichtig, um dem Kunden zu zeigen, wo tatsächlich am meisten Kohlenstoffdioxid ausgestoßen wird. Und der Fußabdruck der „Westerwälder Holzpellets“ ist ausgesprochen gut! Ziel der Arbeit war es, eine Grundlage zu erstellen, mit der man einmal im Jahr einen wirklich repräsentativen Footprint angibt, den man dem Kunden vermitteln und kommunizieren kann. Und dabei, anders als einige andere Anbieter, eben den vollständigen Lebenszyklus des Brennstoffs analysiert. Vielleicht regt das Verbraucher an, darüber nachzudenken, wie die Nutzungsphase bei ihnen zu Hause eigentlich ist. Ich hoffe einfach grundsätzlich, dass Leute sich mit dem Thema auseinandersetzen und mehr auf einen ökologischen Fußabdruck achten.

Denn jeder muss ein Bewusstsein dafür entwickeln!

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Im Video erklärt Anne Neuroth, was sie alles für die Ermittlung ihres Wertes berücksichtigt hat.