Vielleicht das schönste Geschenk

Beschaulich erstrahlt der mächtige Weihnachtsbaum auf dem Gelände der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP). Der warme Kerzenschein fällt auf einige Schnittholz-Pakete, die um die Tanne herum abgestellt worden sind und beinahe wirken wie überdimensionale Geschenkpäckchen unter einem Christbaum. Nichts deutet in dieser anheimelnden Szenerie darauf hin, wie fieberhaft wenige Meter weiter noch bis ganz kurz vor dem Fest an der Inbetriebnahme der neuen Sägelinie der WWP gearbeitet wurde. Dabei schien das Ziel, vor Weihnachten erstmals Holz auf der neuen Blockbandsäge zu schneiden, im letzten Moment unerreichbar zu werden, als ein wichtiger Keilriemen bei einem Probelauf zerstört wird.

Der von Schnittholzpaketen eingerahmte Weihnachtsbaum bei den WWP. Fotos: Schmalenbach

Es ist – das muss man einräumen – eine eher „sportliche“ Planung gewesen: Erst im Juni des Jahres wurden Öffnungen in die Wände der bisherigen Sägewerkshalle geschnitten, um benachbart den Erweiterungsbau für die neue Blockbandsägelinie errichten zu können. Im September ist man noch dabei gewesen, dessen Bodenplatte zu glätten, auf der die Anlage inzwischen aufgebaut wurde.

Es gab danach kaum einen Tag, an dem nicht weitere Bestandteile angeliefert, per Kran in die neue Halle gehoben oder Kabelverbindungen hergestellt wurden. Alles erfolgte im laufenden Betrieb, denn auf der stofflich-energetisch optimierten Sägeanlage (SEO), der „alten“ Linie der WWP, wurde nebenan unterdessen weiter fleißig Schnittholz für die Verpackungsindustrie gefertigt – die besagten Pakete unterm Weihnachtsbaum eben.

Vom Ziel, noch vor den Festtagen erstmals Rundholz auf der neuen Linie zu sägen, hatte Projekt-Ingenieur Daniel Rahn nichtsdestotrotz während der ganzen Zeit gesprochen, jedoch auch hinzugefügt, dass kein großer Puffer mehr vorhanden sei, mithin nicht mehr allzu viel anders als geplant laufen dürfe (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Durch ein enormes Engagement aller beteiligten Unternehmen, unterstützt von den kompetenten Mitarbeitern der WWP wie etwa den stets dienstbereiten Betriebselektrikern und den erfahrenen Männern aus der Schlosserei, gelang es, die aus einer Reihe von Stationen bestehende Sägelinie tatsächlich fristgerecht aufzustellen, die vom Altöttinger Hersteller EWD gebaut worden ist.

Da fliegen die Späne, wenn der Bandsägewagen am rotierenden Blatt vorbeifährt!

Wie gesagt: Es dreht sich dabei nicht allein um die eigentliche, 17 Grad geneigte Bandsäge. Oder den von einem frequenzgesteuerten Getriebemotor angetriebenen Bandsägewagen davor, welcher das Rundholz auf 30 Zentimeter durchmessenden Stahlrädern auf einem Gleis am Sägeblatt vorbeifährt. Weit vor der Stelle, wo der Stamm auf den Bandsägewagen rollt, optimal eingedreht und mit hydraulischen Spannböcken festgehalten wird, beginnt die Sägelinie und bearbeitet erstmals das Holz, das vom Rundholzplatz auf den „Aufgabetisch“ gebracht wird: Zunächst fräst eine Maschine den „Wurzelanlauf“ der Stämme ab und diese damit gerade. Anschließend geht die „Entrindungsmaschine“ zu Werke, in der rotierende Messerarme dem Holz seine „natürliche Verpackung“ abnehmen. Mit der nachfolgenden Metallsuchspule werden Stämme aussortiert, die man wegen der Fremdkörper nicht auf die Säge fahren lässt und die anschließend in einem Schredder weiterverarbeitet werden.

Der Antrieb dieser Kreissägeblätter funktioniert nicht ohne den neuen Keilriemen.

Stämme, die frei von Metall und weder zu dick (mehr als ein Meter Durchmesser) oder zu dünn für die Blockbandsäge sind, werden in eine „Pufferzone“ weiterbefördert. Sie gewährleistet durch einen „Vorrat“ von bis zu drei Stämmen, dass alle System auch dann unterbrechungsfrei zusammenwirken, wenn sich deren Geschwindigkeit von einander unterscheidet.

Im eigentlichen Sägewerk wird das Rundholz als nächstes vermessen. Das liefert abrechnungsrelevante Daten und ebenso alle Angaben, aus denen die neue, intelligente Säge für jeden einzelnen Stamm ein optimiertes Schnittbild errechnet und das Starkholz entsprechend auf dem erwähnten Bandsägewagen eindreht, so dass das zuvor gezeichnete Schnittbild wirklich gesägt werden kann.

Ergänzend greift die Technik dabei auf eine Datenbank zurück. In der ist hinterlegt, welche Dimensionen von Brettern die WWP gerne aus dem Rundholz herausbekommen möchten. „Die Software errechnet die ideale Kombination aus den benötigten Produktmaßen und der bestmöglichem Ausbeute“, erläutert Daniel Rahn. Das sei im Interesse der Nachhaltigkeit, um möglichst den gesamten Stamm stofflich nutzen zu können und somit möglichst wenig „Sägenebenprodukte“ anfallen zu lassen (wenngleich die ebenfalls ressourcenschonend nicht „weggeworfen“, sondern wenige Meter weiter zu Westerwälder Holzpellets verarbeitet werden).

„Die verschiedenen Produkte in der Datenbank müssen wir uns tagesaktuell angucken“, fährt Projekt-Ingenieur und Prokurist Rahn fort, „was steht genau im Auftrag, was muss produziert werden, damit wir es verkaufen können?“ Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, welche Bretter gerade auf der benachbarten SEO-Anlage geschnitten würden, da „alte“ und neue Sägelinie eine gemeinsame „Nachschnittsäge“ nutzen, die die Bretter an den Schmalseiten auf das ganz exakte Maß bringt.

Bevor es so weit ist, sägt die Bandsäge die Stämme „scheibchenweise“ in Bretter und richtig dicke Bohlen. Da das Sägeblatt Zähne auf beiden Seiten hat, passiert das im Vor- und Rückschnitt.

Mittels Laserstrahlen vermisst diese Vorrichtung jeden Stamm einzeln und dreidimensional.

Die Bohlen und Bretter fahren weiter in Richtung einer „Besäum- und Nachschnittkreissäge“ sowie einer reinen Nachschnittkreissäge. Erstere „besäumt“ das Holz, was bedeutet, dass die „Waldkante“ weggeschnitten wird. Das ist der Teil eines Brettes, der nicht kerzengerade, sondern der natürlichen Wuchsform des Baumes folgend geschwungen ist. Dicke Bohlen werden von der Nachschnittkreisäge wiederum in einzelne Bretter zerteilt.

Und genau bei einer der Nachschnittkreissägen gab es ein technisches Problem, das ausgerechnet an jenem Tag kurz vorm Fest auftrat, als zum Abschluss der monatelangen Arbeiten die Inbetriebnahme der Linie anstand, eigens ein „Inbetriebnehmer“ der Herstellerfirma in den Westerwald gefahren war: Ein Keilriemen, der die Kreissägeblätter antreibt, hatte dem Anschein nach die falsche Spannung und wurde beim Probelauf binnen Sekundenschnelle zerstört!

Doch dank eines mitten im vorweihnachtlichen „Versandtrubel“ weiter dienstbereiten Kuriers – allein der Anbieter DHL hat nach eigenen Angaben am 2. Dezember erstmals über zwölf Millionen Pakete an nur einem einzigen Tag im deutschen Paket- und Postnetz sortiert – kommt ein neuer Keilriemen nur einen Tag später in Langenbach an. Gleich machen sich die weiterhin anwesenden Fachleute des Herstellers ans Werk, und tatsächlich gelingt es, die Bandsägelinie am selben Tag zu reparieren. Kurz darauf fällt eine armdicke Bohle aus einem ersten Teststamm in der Bandsäge, perfekt gesägt.

Sie haben das selbst nicht geäußert, aber man ist zu mutmaßen geneigt, dass dieses bewegende Erfolgserlebnis für die Beteiligten in diesem Jahr das schönste Weihnachtsgeschenk ist.