Holz bietet mehr Arbeitsplätze als Autobranche
/Die GDL, die „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“ ist vermutlich nahezu jedem ein Begriff. Die GDL hat zwar lediglich rund 40.000 Mitglieder, jedoch trotzdem eine große Bekanntheit – spätestens, seit sie mit ihren jüngsten Streikmaßnahmen abermals den Alltag Zehntausender Pendler beträchtlich erschwert hat. Die AGDW, die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V.“, repräsentiert zwei Millionen Mitglieder, denen etwa zwei Drittel aller Waldflächen in Deutschland gehören und ist dennoch nahezu unbekannt. Ebenso wie die Tatsache, dass der „Cluster Holz“ in Deutschland eine enorme Wirtschaftskraft darstellt und mehr Arbeitsplätze bietet, als die Automobilindustrie.
Es ist eine wahrhaft ausführliche Betrachtung, die jedoch weitestgehend nur in Fachkreisen wahrgenommen wurde: Als in Wien im vergangenen Herbst die Studie „Forst- und Holzwirtschaft in Europa“ veröffentlicht wurde, berichteten darüber in Deutschland nicht die tagesaktuellen Mainstreammedien, sondern Fachpublikationen wie zum Beispiel das „Holz-Zentralblatt“, das aber gerade einmal 4.000 Abonnenten hat; ein sehr kleiner Kreis also.
Dabei betreffen die Daten der besagten Studie uns alle in vielfacher Hinsicht: Der Wald ist gut fürs Klima und ein Mittel gegen CO2, bietet Raum für Erholung und Entspannung, für Sport und Freizeit. Aber vor allen Dingen generiert die Forst- und Holzwirtschaft der Europäischen Union (EU) sowie Norwegens, der Schweiz und Großbritanniens 527 Milliarden Euro Wertschöpfung im Jahr, wie die Studie darlegt!
In der besagten Untersuchung, die formal den sperrigen Titel „Economic Impact of the Forestry and Wood Industry in Europe in terms of the Bioeconomy“ trägt, kommt überdeutlich zum Ausdruck, dass die Forst- und Holzwirtschaft eine erheblich größere wirtschaftliche Bedeutung hat, als gemeinhin angenommen wird. Es ist im Durchschnitt der 30 untersuchten europäischen Staaten jeder 16. Euro, der unmittelbar oder mittelbar aus diesem Wirtschaftszweig stammt.
Geht es im politischen Diskurs um den Zustand und die Transformation der heimischen Wirtschaft, werden in Deutschland dabei in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Branchen wie die Chemie und immer wieder der Automobilbau und deren Erfordernisse (Stichwort Industrie-Strompreis) in den Fokus genommen. Allerdings gibt es in der Automobilindustrie (im Jahresdurchschnitt 2021, laut Bundeswirtschaftsministerium) 786.109 Beschäftigte, die Forst- und Holzwirtschaft bietet hierzulande laut besagter Studie jedoch über 1,3 Millionen Arbeitsplätze. Der (Inlands-)Umsatz der Automobilindustrie betrug 2021 knapp 136 Milliarden Euro, der des Clusters Holz 2022 lag bei über 188 Milliarden Euro. Stolze sechs Prozent unserer nationalen Wirtschaftsleistung kamen aus dem Segment, wie „Forst- und Holzwirtschaft in Europa“ darlegt.
Was aber könnte bloß der Grund dafür sein, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Clusters Holz in der Bevölkerung und bei manchen Institutionen wie Teilen der Politik augenscheinlich nicht entsprechend im Bewusstsein ist und/oder wertgeschätzt wird? Und was müsste passieren, damit diese etwa bei den vermehrt aufkeimenden Diskussionen um die (Fort-) Nutzung des Wirtschaftswaldes Berücksichtigung fände?
Hierzu hätte die „Wäller Energiezeitung“ gerne die Meinung von Verbänden gehört, die die Forstwirtschaft vertreten und Lobbyarbeit „pro Waldnutzung“ machen sollen. Doch trotz mehrwöchiger Bemühungen gelang es der Redaktion nicht, dazu ein Statement von Organisationen wie beispielsweise der AGDW oder des gleichermaßen kontaktierten „Waldbesitzerverbandes für Rheinland-Pfalz e. V.“ zu bekommen.
Yonne-Ina Feldger